Vierter Tag
Tusche und Zeitschriften
Heute wird meinerseits vorgeschlagen, angeregt durch einen Teilnehmer
der chinesische Schriftzeichnen kopieren möchte, hauptsächlich mit Tusche
und Zeitungsausschnitten zu arbeiten. Zeitungen und Zeitschriften wurden,
entgegen meiner vorherigen Erwartungen, bis jetzt positiv in die Arbeit
miteinbezogen.
Thema ist heute, die Zeitschriften "durchzuforsten" und Seiten oder Sei
tenausschnitte, die einem auffallen, neu zu gestalten. Oder sie für eigene
Aussagen zu benutzen. Die Teilnehmer äusserten sich dabei nicht über ihre
Schreibprobleme sondern über ihre Probleme beim Entwurfsprozess.
"Man muß erst "reinkommen", zuerst hat man keine Idee, beim
Machen kommen dann einem die Ideen, die man machen möchte.
Aber man kann auch nicht immer abschalten. Der Alltag läßt einen
nicht immer los."
"Die Aufgabe habe ich verstanden. Ich habe heute nur keine Phantasie."
"Das ist die Welt von uns."
"Von uns ?" (Reichert)
"Ja, von uns, mit Gesichtern und Schwarz."
"Und Popo?" (Reichert)
"Ja, mit Popo, und das ist die Welt wo wir einmal sein werden vielleicht."
Eine Teilnehmerin erklärt mir ihren Entwurf. Sie macht keinen Unterschied zwischen der Welt
in der sie als funktionale Analphabetin lebt und der eines Lesenden.
"Warum hast Du dieses Foto ausgewählt, was bedeutet das Bild für Dich?" (Reichert)
"Angst."
"Unterstütze Deine Aussagen doch mit weiteren Bildern oder Schrift.
Weißt Du, wie man Angst schreibt, ich schreibe es Dir auf." (Reichert)
"Das Bild ist doch ganz gut hier. Und dann hier noch ganz groß
Angst hinschreiben, oder?"
"Warum hast Du das da unten drangelassen?" (Reichert)
"Das kann da dran bleiben. 24 Jahre ist die Frau. Das da oben habe
ich weggemacht. Das lenkt ab. Aber das kann man ja wissen mit den
24 Jahren."
Entwurfsbegleitendes Gespräch. Die Teilnehmerin interpretiert die Seitenzahl 24
unter der Abbildung einer jungen Frau als Altersangabe.
"Das müsste heute noch eine Stunde länger sein, aber ich muß jetzt
arbeiten gehen."
"Hat Spaß gemacht."
"Müsste man öfter machen."
"Du kannst es ja mal anderen Leuten zeigen. Vielleicht nützt es was."
Die Teilnehmer am Ende des Workshops.