Workshop Typografie
Ein Workshop bietet die Möglichkeit, sich praktisch mit einem Thema zu
beschäftigen, mit ihm zu arbeiten. Er ermöglicht auch, sich über ein Thema
ungezwungener zu unterhalten als in einer Interviewsituation. Außerdem
gibt es zusätzlich zur sprachlichen Kommunikation die Möglichkeit, sich mit
eigenen praktischen Arbeiten auszudrücken, zu kommunizieren.
Diese Form erschien mir passend, um mich mit Analphabeten über Typografie
zu unterhalten. Bei der Konzeption des Workshops mussten aber die besonder-
en Gegebenheiten, spezielle Einstellungen der Analphabeten gegenüber Schrift,
beachtet werden.
Konzeption
Um einen neuen Bezug zu Schrift und insbesonders zu den verschiedenen
Möglichkeiten, mit ihr zu gestalten, herzustellen, muß der Zwang zum
Lesen und zum Schreiben zur Nebensache werden.
Die Möglichkeiten, die in der Gestaltung mit Schrift liegen, sollten erkannt
werden. Den Teilnehmern sollte gezeigt werden, daß Schrift und Typografie
auch anders als in ihrem Alltag (Behördenbriefe und Überweisungsformu-
lare, Schriftübungsbögen) sein kann. Dies wurde mit einer Diashow und
mitgebrachten Beispielen verdeutlicht.
Um eine Auseinandersetzung mit Typografie zu erreichen, sollten Arbeiten
für eigene Zwecke entworfen werden. So bekamen sie einen Sinn und Zweck
für die Teilnehmer.
Den Teilnehmern sollten Hilfsmittel zur Verfügung gestellt werden, mit
denen sie mit typografischen Mitteln arbeiten konnten. Die Hilfsmittel
sollten die Teilnehmer nicht überfordern. Sie sollten mit keiner weiteren
‹Bleiwüste" konfrontiert werden. Stattdessen sollten sie dazu motivieren,
mit negativ besetzten Elementen zu arbeiten.
Erste Entwürfe und Reaktionen
Ich entwarf verschiedene "Vorlagenblätter": Bögen mit Zeichensätzen,
Typografieelementen und Abbildungen. Diese sollten, in verschiedenen
Farben gedruckt, als ‹Schnippelbögen", den Teilnehmern zur Verfügung
stehen. Diese schickte ich an verschiedene Personen aus dem Bereich der
Erwachsenenbildung, an Monika Tröster vom Deutschen Institut für
Erwachsenenbildung (DIE), Ingrid Hemmerich-Nagel von der Volkshoch
schule Dithmarschen und an Sabine Haupt von der Volkshochschule in
Frankfurt, mit denen ich bereits Gespräche geführt hatte.
Die Kursleiterin der VHS Dithmarschen, Ingrid Hemmerich-Nagel, nahm die
Bögen mit in den Unterricht und ließ mir die Kommentare zu den einzelnen
Variationen der Vorlagenblätter zukommen.
Laut Ingrid Hemmerich-Nagel war "alles bei allen Bögen möglich". Einige
Teilnehmer fühlten sich durch die Zeichen erschreckt und verunsichert,
andere fanden es spannend und interessant. Fast alle konnten sich nicht von
der Bedeutung der Zeichen lösen, sondern versuchten diese zu identifizier
en. In einem Workshop könne dies wieder anders aussehen, so Hemmerich-
Nagel. Die schwarze Farbe sei als klar, aber auch als traurig und trist
empfunden worden. Insbesondere das Blau hätte aufmunternd gewirkt und zur Tätigkeit
animiert. Das klare rote Blatt mit den wenigsten Schriftzeichen wäre
allgemein als befreiend empfunden worden, da es klar und übersichtlich sei.
Punkt, Komma und Linien würden andere Gefühle auslösen als die Schrift
zeichen direkt.
Aufgrund dieser Reaktionen entschied ich mich für die dann tatsächlich
gefertigten Vorlagenblätter und Schablonen. Am positivsten wurde ein Blatt
aufgenomen, daß aufgeräumt war, einfach und gut aussah, nicht zu ver-
trackt, nicht zu verspielt und wenige Schriftzeichen, eher Schriftelemente
zeigte.